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In allen Wendungen wie Ecken, Volten und Schlangenlinien kommt es besonders darauf an, dass die Pferde in korrekter Anlehnung im Gleichgewicht bleiben und das Genick oben halten.

© S. Lafrentz

Dressuraufgaben richtig vorbereiten

Lektionen korrekt zu reiten und die Durchlässigkeit des Pferdes stehen in unmittelbarem Zusammenhang. Durchlässigkeitsmängel lassen sich beheben, und die Technik, eine Dressuraufgabe zu reiten, lässt sich verbessern und verfeinern. Wie das geht, erläutert der Warendorfer Reitmeister Martin Plewa.
Beide Aspekte stehen in einem sehr engen Zusammenhang: Gibt es Probleme in der Durchlässigkeit, benötige ich mehr Zeit für die Vorbereitung von Übungen und Lektionen. Folgen Lektionen relativ schnell aufeinander, wie es häufig bei Aufgaben auf einem Viereck 20 x 40 m der Fall ist, können sich Fehler schnell anhäufen und geradezu potenzieren. Das Reiten von Dressuraufgaben zu Hause ist wie das Üben von verschiedenen Übungsparcours oder Parcoursausschnitten eine wichtige Kontrolle der Ausbildung, bevor man auf ein Turnier geht oder sich einer Reitabzeichenprüfung stellt.
Oft wird argumentiert, dass häufiges Aufgabenreiten die Pferde dazu bringt, den Hilfen zuvorzukommen, weil sie ja „die Aufgabe bereits auswendig kennen“. Diese Ausrede ist natürlich unsinnig; denn man kann einerseits das Erlernen der Technik des Aufgabenreitens anhand sehr unterschiedlicher Aufgaben oder Lektionenfolgen üben und auf der anderen Seite auch sicherstellen, dass das Pferd immer sicher an den Hilfen bleibt, indem man einige Übungen an unterschiedlichen Stellen des Vierecks übt. Beispiele: Kommt mir das Pferd der Parade zur Grußaufstellung zuvor, reite ich häufig über die Mittellinie ohne eine ganz Parade, die ich stattdessen auf einer Viertellinie übe; will mir mein Pferd im Schritt oder Trab der Hilfe zum Angaloppieren zuvorkommen, gebe ich häufiger halbe Paraden, ohne anzugaloppieren. Ein Pferd sollte immer mehr auf die vorbereitende halbe Parade warten als auf den vortreibenden Impuls zum Antraben oder Angaloppieren.

Vorausschauendes Reiten

Für das Gelingen einer Dressuraufgabe ist zunächst wichtigste Voraussetzung, dass das Pferd stets sicher an den Hilfen steht. Weiterhin ist entscheidend, dass der Reiter stets vorausschauend jede Übung gut vorbereitet. Er muss wissen, welche Vorbereitung für sein Pferd richtig ist und wie früh er sie vor einer neuen Lektion einleitet. Dies Gefühl bekommt ein Reiter nur, wenn er dazu angehalten wird oder sich selbst konsequent vornimmt, an ganz definierten Bahnpunkten be-
stimmte Übungen wie zum Beispiel Übergänge zu reiten.  Eine wichtige Grundbedingung für vorausschauendes Reiten ist natürlich, stets über das Pferd zu schauen und nicht den Blick auf das Pferdegenick zu richten.
Reiter, die nach unten auf ihr Pferd schauen, reiten erfahrungsgemäß schlechte Bahnfiguren oder haben bei Seitengängen keine Orientierung im Raum des Vierecks und damit keine Kontrolle der Abstellung des Pferdes. Auch vermitteln sie den Richtern das Gefühl, von vorne nach hinten zu reiten, anstatt das Pferd vor sich und nicht unter sich zu treiben.

Konkrete Hinweise für die entscheidenden Lektionen

Einige konkrete Hinweise zum Aufgabenreiten: Zum Einreiten muss ich als Reiter eine klare Vorstellung davon haben, wo die Mittellinie ist, bzw. beim Abteilungsreiten, wo sich meine Einreitelinie befindet. Mehrere halbe Paraden bereiten das Halten vor, damit ein durchlässiger Übergang gelingt.
Bei der ganzen Parade dürfen beide Unterschenkel leicht nach hinten rutschen, um das Pferd gerade zu halten. Ein schiefes Halten oder ein undurchlässiger Übergang ist negativer als ein leicht auslaufendes Halten.
Die Grußaufstellung muss immer wieder geübt werden, einschließlich des Grüßens selbst, um zu kontrollieren, ob das Pferd auch bei Zügeln in einer Hand sicher am Zügel und an den Hilfen bleibt. Beim Anreiten müssen die Unterschenkel wieder gut vorne am Gurt liegen, um ein gerades Anreiten zu gewährleisten. Beim Antritt weichen Pferde gerne leicht mit der Schulter aus. Bei Phasen, in denen lediglich eine Grundgangart verlangt ist, sollte man versuchen, diese in guter Qualität zu reiten, also den Trab und Galopp schön schwungvoll, die Schrittreprise frei schreitend.
Beim Übergang zum Schritt muss das Pferd daran gewöhnt sein, dass es unverzüglich den Hals etwas fallen lassen kann und der Reiter die  Nickbewegung von Kopf und Hals aus dem Schulter- und Ellbogengelenk zulässt.
In allen Wendungen wie Ecken, Volten und Schlangenlinien kommt es besonders darauf an, dass die Pferde in korrekter Anlehnung im Gleichgewicht bleiben und das Genick oben halten. Gleichzeitig muss der Reiter auf die Schiefe seines Pferdes eingehen und zur hohlen Seite gut die äußere Schulter kontrollieren und auf der Zwangsseite effizient mit dem gut verwahrend treibenden Schenkel das Ausfallen mit der Hinterhand vermeiden.
Alle Übergänge zu höherer Gangart müssen mit halben Paraden vorbereitet werden, damit das Pferd aus dem Hinterbein beginnend über den Rücken in die Reiterhand antritt. Alle Übergänge zu niedriger Gangart müssen vor allem mit treibenden Schenkelhilfen begleitet werden in dem Sinne und der Vorstellung, die niedrigere Gangart zu beginnen und nicht die höhere Gangart zu beenden. Gleiches gilt für Tempounterschiede: Vor jedem Zulegen im Trab und Galopp muss das Pferd auf die Verstärkung vorbereitet werden durch vermehrte Versammlung und stärkere Aktivität der Hinterhand. In der Verstärkung selbst sollte der Reiter eher nur an Zulassen denken, weil zusätzliches Treiben die Pferde schnell aus dem Takt und dem Gleichgewicht bringt. Zielvorstellung sollte sein, dass die Frequenz, also der Rhythmus der Fußung, in allen Tempi weitgehend gleich bleibt, sich nur der Raumgewinn je nach Tempo ändert. Wird ein Pferd beim Zulegen eilig und bei der Rückführung matt, ist es auf dem falschen Weg der Ausbildung. Zulegen ist nicht „Gas geben“ und Versammeln ist nicht „langsam“ reiten!

Das Viereck gut einteilen

Leider werden im Zusammenhang mit vielen Lektionen auch die Räume des Vierecks nicht gut genug genutzt. Will man zum Beispiel einen guten Mitteltrab auf einer Diagonalen reiten, gewinnt man durch besseres Ausreiten der Ecken mehr Platz zur Vorbereitung, eine längere Distanz für die Verstärkung und wieder mehr Raum für die Rückführung.  In der Vorbereitung auf eine Dressur der Klasse L wird oft der Außengalopp zu früh und zu ausgiebig geübt. Wichtig ist, dass ein Pferd die Qualität des Handgalopps im Kontergalopp erhält. Der Außengalopp wird also besser, je besser der Handgalopp ist. Daher steht die Verbesserung des Galopps hinsichtlich Durchsprung und Bergauf-Tendenz zunächst im Vordergrund. Tempounterschiede im Galopp auf dem Zirkel in Verbindung mit Zirkel verkleinern und vergrößern sind hierzu die geeignetsten vorbereitenden Übungen.

Die Kriterien der Lektionen

Reitern müssen auch die jeweiligen Kriterien der Lektionen bekannt sein. So überprüfen beispielsweise Volten und Schlangenlinien vor allem Geraderichtung und Gleichgewicht, das Zügel-aus-der-Hand-kauen-Lassen den Grad der Losgelassenheit und die Dehnungsbereitschaft, alle Übergänge, auch das Rückwärtsrichten, vor allem die Durchlässigkeit und Rückentätigkeit, der Außengalopp wiederum die Geraderichtung. Der Schwung zeigt sich in einem guten Durchschwingen im Trab und Durchspringen im Galopp sowie in einem konstanten Herantreten des Pferdes an die ruhige Reiterhand.
Die Reiter müssen sich in der Ausführung der Lektionen streng an die LPO §405, die Anforderungen an das Reiten in Dressurprüfungen halten, die im Aufgabenheft abgedruckt sind. Oft hat man den Eindruck, dass manche Reiter sie gar nicht kennen.

Der erste Eindruck

Noch ein Tipp aus Richtersicht: Der erste äußere Eindruck ist entscheidender, als viele Reiter glauben; ein nach unten schauender Reiter mit verzagtem Gesichtsausdruck und wenig positiver Körperspannung und -streckung vermittelt von vornherein Unsicherheit.

Ein gestreckt sitzender Reiter mit fröhlichem Gesichtsausdruck sitzt nicht nur losgelassener, sondern er strahlt mehr Sicherheit und Souveränität aus. Und nie zu vergessen: Harmonie ist das wichtigste Ziel der Ausbildung, und die sollte vor allem auf dem Viereck gezeigt werden. Von zwei vergleichbaren Leistungen wird stets die höher bewertet, die einen harmonischeren Eindruck hinterlassen hat.
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