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Bei einer Bauchfellentzündung wird in der Klinik die Bauchhöhle gespült bzw. das Pferd operiert.

© Pferdeklinik München-Airport

Unsichtbare Entzündung

Die Bauchfellentzündung ist eine „Krankheit auf den zweiten Blick“ – sie kommt gerne im Gepäck einer Kolik, einer Geburts- oder Deckverletzung bzw. wird von Parasiten verursacht. Und kann tödlich verlaufen.
Die Bauchfellentzündung, lateinisch Peritonitis, gilt als potenziell tödliche verlaufende Entzündung der Bauchhöhle. Die Symptome und Ursachen sind vielfältig.
Miss Robin ist normalerweise recht lebhaft. Das 17-jährige Schulpferd steht an diesem Tag jedoch teilnahmslos auf seiner Koppel. Die Stute atmet schwer, frisst nicht und geht nur langsam mit, als man sie von der Weide holt.
Eine Kolik? Tierärztin Melanie Pfeffer von der Pferdeklinik in Parsdorf untersucht die Stute: Miss Robin hat einen erhöhten Puls, dazu 39,6 Grad Fieber. Auch der Laktatwert ist auf 5 erhöht, wie die Veterinärin nach einer Blutentnahme feststellt. Normal ist ein Wert unter 1. Zudem zeigt das Laborergebnis zwei Stunden später einen ungewöhnlich hohen Anteil weißer Blutkörperchen, eindeutiges Zeichen für eine Infektion: Die braune Stute leidet an einer Bauchfellentzündung.

Was löst die Krankheit aus?

In der Bauchhöhle des Pferds befinden sich alle Verdauungs- und Geschlechtsorgane. Sie ist von der Brusthöhle durch das Zwerchfell getrennt. Die Bauchhöhle ist mit einer glatten Haut versehen, die das Innere des Bauchraums auskleidet: das Bauchfell, lateinisch Peritoneum.
Je nach Ursache unterscheidet man zwischen einer entzündlichen, parasitären und sterilen Bauchfellentzündung, erklärt Tierärztin Barbara Elmore von der Pferdeklinik München-Airport. „Entzündliche, also bakterielle Peritonitiden treten am häufigsten nach einer Kolikoperation auf.“
Denn bei einem Eingriff im Bauchraum, so Tierärztin Dr. Dagmar Senta Trachsel von der Freien Universität Berlin, „werden die Bauchorgane manipuliert und reagieren darauf mit einer Entzündungsreaktion.“ Gleiches könne etwa bei einer Kastration passieren. Überhaupt entstehe eine Bauchfellentzündung viel häufiger als Komplikation einer anderen, primären Erkrankung wie einer Kolik und einer daraus folgenden Operation.
Die entzündliche Peritonitis kann sich auch bilden, wenn Bakterien in die Bauchhöhle eindringen; etwa durch eine Darm-, Geburts- oder Deckverletzung. „Bei den parasitären Bauchfellentzündungen sind hingegen Magen-Darm-Parasiten die Ursache. Durch ihre Wanderung oder Einnistung in die Darmwand können sie Entzündungen verursachen“, erklärt Veterinärin Barbara Elmore. Diese parasitäre Infektion nennt man daher Durchwanderungsperitonitis.
Sterile Peritonitiden entstehen, wenn steriler Urin aus einem Loch in der Harnblase in die Bauchhöhle austritt. Diese Verletzungen (Uroperitoneum) können etwa bei Fohlen während der Geburt passieren.
Eine Bauchfellentzündung entwickelt sich aber auch mitunter als Reaktion auf einen im Bauchraum befindlichen Tumor wie ein Karzinom oder Lymphom.

Die Symptome

Die Symptome einer Bauchfellentzündung sind so unterschiedlich wie ihre Ursachen, beinhalten laut Tierärztin Elmore aber immer mehr oder weniger starke Koliksymptome wie Scharren, Flehmen, Appetitlosigkeit, vermehrtes Liegen und Fieber. Diese Anzeichen richtig zu deuten sei nicht leicht.
Wie sich eine Peritonitis äußert, hängt davon ab, was sie verursacht und wie stark die Entzündung bereits fortgeschritten ist, weiß Dr. Dagmar Senta Trachsel: Kommt es etwa nach einer Schädigung der Darmwand oder nach einer Geburtsverletzung des Uterus zu einer bakteriellen Kontamination des Bauchfells, „ist die Entzündungsreaktion massiv“, so Trachsel, geht also mit Kolikanzeichen und Fieber einher.
Findet die Bauchfellentzündung aber nur in einem Teil der Bauchhöhle statt, sind die Symptome eher unspezifisch: Ein Tumor innerhalb des Bauchraums (intraabdominal) zum Beispiel kann durch sein Wachstum das Bauchfell lokal reizen. In diesem Fall treten mitunter milde, zeitweilig aussetzende (intermittierende) Koliken auf; oder die Pferde zeigen wenig Fresslust, Müdigkeit, es kommt zum Gewichtsverlust.

So wird die Diagnose gestellt

Diagnostiziert wird die Erkrankung im ersten Schritt durch eine Allgemeinuntersuchung, also unter anderem durch Fiebermessen und Schleimhautkontrolle. Anschließend erfolgen ein Ultraschall des Bauchraums und eine Blutanalyse im Labor. Mittels einer Bauchhöhlenpunktion entnimmt der Tierarzt Bauchhöhlenflüssigkeit, die ebenfalls im Labor analysiert wird.
„Letzteres ist unbedingt notwendig, um die Diagnose zu stellen“, erläutert Barbara Elmore. Denn Konsistenz und Farbe der Bauchhöhlenflüssigkeit geben wichtige Hinweise: Normalerweise sollte ein Bauchpunktat „flüssig sein, ohne Ablagerung und weißweinschorlefarben“, so Tierärztin Melanie Pfeffer. Bei einer Peritonitis ist die Flüssigkeit stattdessen „gelb, zähflüssig und eitrig“.
Daneben untersuchen Veterinäre weitere Parameter: Leukozyten, eventuell Laktat und Totalprotein, sagt Melanie Pfeffer. Zu viele weiße Blutkörperchen (Leukozyten) sind ein Anzeichen dafür, dass das Immunsystem eine Entzündung bekämpft. In der Bauchhöhlenflüssigkeit sollten diese nicht vorkommen. „Bei Miss Robin lag die Anzahl jedoch bei rund 200 000 pro Mikroliter“, erinnert sich Melanie Pfeffer. Der Mikroliter ist das Tausendstel eines Milliliters.
Ein zu hoher Laktat-, also Milchsäurewert weist auf mangelnde Sauerstoffversorgung von Geweben und Organen hin. „Im Zusammenhang mit Peritonitis ist das ein weiterer Entzündungsparameter“, erklärt Melanie Pfeffer. Zu viel Totalprotein (Gesamteiweiß) kann auf Tumore hinweisen, ein zu niedriger Wert auf Entzündungen und Störungen des Darms.

So wird behandelt

Erstes Ziel der tierärztlichen Behandlung ist es, Entzündungsreaktionen zu reduzieren. „Daher kommen Entzündungshemmer zum Einsatz, wie etwa Flunixin-Meglumin“, sagt Dr. Dagmar Senta Trachsel. „Wenn eine bakterielle Kontamination vorliegt, werden auch Antibiotika verabreicht, mitunter über mehrere Wochen – je nach Art der Bakterien.“
Wird hingegen als Ursache Wurmbefall vermutet, sollte man das Pferd laut Trachsel entwurmen, „damit die Wanderung der Larven unterbrochen wird“.
Mitunter ist es sinnvoll, das Pferd in die Klinik einzuweisen und die Bauchhöhle mit steriler Kochsalzlösung zu spülen. Schulpferd Miss Robin etwa war zehn Tage für eine solche Behandlung in der Klinik. Vom individuellen Krankheitsfall ist es abhängig, ob eine Operation (beispielsweise bei Kolik) notwendig ist.
Wie gut die Heilungschancen sind, hängt ebenfalls von der Ursache ab. Bei einer massiven Kontamination der Bauchhöhle mit Bakterien und einer entsprechenden Entzündungsreaktion ist eine erfolgreiche Therapie schwierig. Bei weniger ausgeprägten Entzündungen und einer behobenen Ursache sind die Heilungschancen hingegen recht gut.

Wie lässt sich vorbeugen?

„Vorbeugen kann man nur der parasitären Bauchfellentzündung“, sagt Barbara Elmore. Hier sei es wichtig, einem massiven Wurmbefall durch regelmäßige und zielgerichtete Entwurmungen im Fohlen- und Jungpferdealter vorzubeugen und später ein gutes Konzept zur Parasitenkontrolle zu haben. Elmore rät grundsätzlich zur selektiven Entwurmung. Allen anderen Ursachen lässt sich nicht vorbeugen. Volker Camehn
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