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Die Siegerin der Springstuten, Sanna von Special Effect.

© Reckimedia

Nicht nur schön, sondern auch sportlich!

Nur eine vergleichsweise kleine Gruppe von Stuten trat zur Westfälischen Eliteschau 2020 an. Doch die gezeigten Stuten konnten fast alle mit weit überdurchschnittlichen Leistungsprüfungsergebnissen glänzen. Und dass sie auch noch gut aussahen, störte natürlich nicht.
Mit einer Innovation wartete die 55. Westfälische Eliteschau für drei- und vierjährige Reitpferde- und Kaltblutstuten auf. Erstmals war es den Beschickern freigestellt, ob sie ihre Stuten bei der Schau präsentieren. Die Vergabe der Staatsprämien hatte bereits bei den Kombinationsterminen aus Stutenleistungsprüfung und Schau/Stutbuchaufnahme stattgefunden. Bis 2019 waren dort nur die Nominierungen zur Eliteschau ausgesprochen worden. Wer die Staatsprämie für seine Stute haben wollte, musste bis dato neben einem Prüfungsergebnis auch die Teilnahme an der Eliteschau vorweisen. Erschien eine Stute nicht zur Eliteschau, wurde bisher nur in begründeten Ausnahmefällen trotzdem die Staatsprämie gewährt (tierärztliches Attest).
Zum einen war die Anpassung der aktuellen Pandemie-Situation geschuldet, in der man die Aussteller selber entscheiden lassen wollte, ob sie an öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen. Die Anpassung hat aber auch handfeste ökonomische Gründe: Durch den Verzicht auf die Eliteschau mit ihrem Termin Ende Juli kann die Ausbildungszeit der jungen Stuten um bis zu sechs Wochen verkürzt werden, was sich natürlich im Geldbeutel und auf dem Arbeitszeitkonto der Aussteller bemerkbar macht. In anderen Verbänden, zum Beispiel Oldenburg, wird schon länger so verfahren. „Wir werden diese Organisation aller Voraussicht nach beibehalten“, sagte Carsten Rotermund, Geschäftsführer des Westfälischen Pferdestammbuchs.
So hatten von insgesamt 83 prämienberechtigten Reitpferdestuten 43 ihre Teilnahme an der Eliteschau angekündigt. Davon erschienen zehn Springstuten (13 waren angekündigt, 23 berechtigt) und 25 Dressurstuten (30 angekündigt, 60 berechtigt). Der Hengst mit den meisten Töchtern im Springlot war Cornet Obolensky (3). Bei den Dressurstuten stellte der NRW Landbeschäler Sir Heinrich sieben Töchter. Fünf Kandidatinnen hatten Fürstenball zum Vater, vier For Romance I und drei Benicio.

Die Springstuten

Die Bewertungskommission bestand aus dem kommissarischen Zuchtleiter Thomas Münch, der stellvertretenden Zuchtleiterin Katrin Tosberg, Verbandspräsident Ralf Johanshon, Dr. Wolfgang Kluge, Kreisvorsitzender in Herford/Minden-Lübbecke, sowie dem Springreiter und Delegierten des Kreises Borken Gerd Könemann. Als Gast geladen war der Oldenburger Verbandspräsident Wilhelm Weerda, der im Anschluss an das Richten seine Eindrücke der 2020er-Eliteschau zusammenfasste: „Ich komme immer wieder gerne nach Westfalen. Die Arbeit in der Bewertungskommission verlief auch in diesem Jahr harmonisch, und wir sind uns einig geworden. Der Jahrgang brachte sehr gute Stuten hervor, ich kann den westfälischen Züchtern nur gratulieren.“
Den Auftakt hatten die springbetont gezogenen Stuten gemacht. Hier wurden fünf Kandidatinnen in den Endring berufen, von denen drei an dritter Stelle rangiert wurden. Das waren Casalena von Casallco-Raphael (Z.: ZG Frölich, Beckum, A.: Henrik Schulze-Fels, Kamen), Carlina O von Cicero Z-Stakkato (Z.+A.: Franz-Georg Ottmann, Saerbeck) und Dimanche von Dacantos-Cornado I (Z.: ZG Vormfenne, Enger, A.: Hermann Laumeier, Ennigerloh). Alle drei hatten ihre Stutenprüfungen mit Endnoten über 8,0 beendet und stammen aus leistungsstarken Mutterstämmen.
Reservesiegerin war die 1,69 m große dunkelbraune Stute Donna Cella von Diamant De Semilly-Aragorn W aus der Zucht von Gretel Schulze-Buxloh und Ralf Schmidt, Hamm. Thomas Münch zeigte sich begeistert von der Stute, die aus der bedeutenden Familie des Cornet Obolensky-Vaters Clinton stammt, aus der auch der international bis 1,60 m erfolgreiche Hengst Contact van de Heffinck von Concept unter Toni Haßmann hervorging. „Blütig, sportiv, mit viel Linie ausgestattet und für eine Diamant De Semilly-Tochter typvoll mit Adel und großem Auge“, so die Beschreibung des Zuchtleiters. Unter dem Sattel zeigte sich Donna Cella souverän, am Sprung mit Übersicht und gutem Galopp.
Überlegen in Eigenleistung und Interieur präsentierte sich die Siegerstute der Springbetonten, Sanna von Special Effect-Los Angeles. Die 1,70 m große Fuchsstute stammt aus der Zucht des kürzlich verstorbenen Heinz Schütte aus Spelle. Er ist auch Züchter der aktuellen Westfalen-Championesse der dreijährigen Reitpferdestuten und -wallache, Be my Ballerina von Benicio-Fiderstep. In der Stutenprüfung überzeugte Sanna mit einer 8,6 in der Dressureignung und einer 9,05 in der Springeignung, was Thomas Münch zu der Aussage veranlasste, Sanna wäre neben ihrer unübersehbaren Qualität am Sprung auch ein besseres Dressurpferd. Unter dem Sattel und an der Hand gelassen, war die Stute aber in der Bewegung und am Sprung voll da. Taktmäßig der Trab, losgelassen der Schritt und Abdruck und Vermögen am Sprung: All das führte am Ende zu der überragenden Bewertung.
Der Mutterstamm ist vielseitig veranlagt und brachte neben Dressur- und Springpferden auch das im internationalen Vielseitigkeitssport erfolgreiche Pferd Licaja Sue OLD von Sevillano xx hervor.

Die Dressurstuten

Eine hauchdünne Entscheidung gab es bei den dressurbetonten Stuten. Den Vorzug erhielt die 1,70 m große braune Feine Bella von Fürstenball-Bordeaux (Z.: ZG Artmeier, Becker, Delling und Wibbecke, Witten). Sie überzeugte in ihrer Stutenprüfung mit der Dressurnote 8,9 und auf dem Elitering mit Abdruck und Kadenz im Trab und Losgelassenheit im Schritt. Die Stute beschrieb Thomas Münch als herrlich aufgeteilt, nobel und mit herausragenden Reitpferdepoints ausgestattet.
Feine Bella stammt aus einer weltberühmten Familie: Unter anderem gehört die Dressur-Weltmeisterin Bella Rose zur Verwandtschaft; deren Großmutter Franziska von Frühlingsball ist Ururgroßmutter zur Siegerin Feine Bella. Die Mutter der Siegerin Bella Vista hatte die Züchtergemeinschaft einst von Familie Strunk, den Züchtern von Bella Rose, erworben.
Kaum minder großartig präsentierte sich die Reservesiegerin Fiadora – auch sie Sprössling der F-Linie des Florestan I, allerdings über den Fürstenball-Halbbruder väterlicherseits, Fürst Wilhelm. 9,0 lautete die Dressurnote der Stutenprüfung der 1,70 m großen Stute aus dem Züchterstall Fockenberg in Dorsten. Ausgestellt hatte die Reservesiegerin die Züchtergemeinschaft Wierling aus Senden.
„Fiadora präsentiert sich mit ganz viel Go und Antritt, einem super abfußenden Hinterbein und großer Schulterfreiheit“, kommentierte Thomas Münch. Die blütig und edel aufgemachte Stute brillierte in ihrer Leistungsprüfung auch besonders mit hervorragender Rittigkeit. Aus dem Mutterstamm gibt es gekörte Hengste und erfolgreiche Sportpferde, darunter der unter Helen Langehanenberg im internationalen Grand-Prix-Sport aktive Hollywood von Herzensdieb.
Den Titel zweite Reservesiegerin und beste Vierjährige erhielt die Ever­dale-San Remo-Tochter Everlove aus der Zucht und dem Besitz von Frank Dahlhoff aus Lippetal. Die statiöse, schon weit gereifte 1,71 m große Fuchsstute mit der auffallenden hellen Mähne bestach auf der Eliteschau besonders im Trab und hatte ihre Fans. Auch Everlove absolvierte eine sehr gute Prüfung mit der Note 8,7 für die Dressureignung. Thomas Münch bescheinigte ihr viel Abdruck, Schulterfreiheit und klaren Viertakt im Schritt. Aus der Stutenfamilie der zweiten Reservesiegerin stammen erfolgreiche Spring- und Dressurpferde.
In den Endring der Dressurstuten wurden außerdem sechs Kandidatinnen berufen, die nicht rangiert wurden. Hier sind sie: Bien Aimee von Bordeaux-San Amour I (Z.: Kerstin Daigfuß, Adelsdorf, A.: Uwe Fährenkämper, Warendorf), Symphonie von Sir Heinrich-Dancing Dynamite (Z.+A.: Martin Kramer, Gütersloh), Kabayo‘s Dione Dodona von Belissimo M-Depardieu (Z.: Jürgen de Baey, Lemgo, A.: Pferdezucht Kabayo, Emlichheim), Be my Lady von Bonds-Ehrenpreis (Z.: ZG Ulmker, Neuenkirchen, A.: Christiane Ulmker, Neuenkirchen), Fayenna von Fürstenball-Scolari (Z.+A.: Christoph Delsmann, Nordkirchen), Sabrina von Sir Heinrich-Beltoni (Z.: ZG Vorwig, Welver, A.: Christoph Rawert, Coesfeld).

Acht Kandidatinnen der Rasse Rheinisch-Deutsches Kaltblut

Eine im Vergleich zu anderen Jahren recht homogene Gruppe von acht Kaltblutstuten hatte die zuständige Kommission zur Eliteschau geladen. Thomas Münch, Katrin Tosberg, Rudolf Brocks, Gerhard Hegemann und Ralf Johanshon wählten die noch jugendlich wirkende Amalia von Adoro I-Higgins als Siegerstute aus. Mit dem korrekten Fundament und dem soliden Bewegungsablauf bot Amalie das beste „Gesamtpaket“. Züchter der Siegerin ist die Züchtergemeinschaft Meyer zu Hücker aus Detmold. Aussteller war Oliver Heise-Immich aus Einbeck. Amalias Mutter Hilda war 2016 Siegerstute in Münster-Handorf. In der dritten Generation finden sich der Siegerhengst Nils von Nobel B und die Siegerstute Nena von Nerius.
Reservesiegerin war Happy von Harald-Astor aus der Zucht und dem Besitz von Heinz Kussmann aus Olsberg. Ihre Mutter Anni ist auch Mutter der Siegerstute des Jahres 2012, Harmony von Helmut. Zudem finden sich im Mutterstamm zahlreiche gekörte Hengste und Endringstuten der Eliteschauen. Happy präsentierte sich als Bewegungspferd erster Güte; im Schritt mit Takt, Raumgriff und Fleiß, im Trab mit Schub, Schwung und Raumgriff. Um ganz nach vorne zu kommen, fehlte es der lang linierten Stute etwas an weiblichem Charme.
Anders als bei den Reitpferden war das Lot der staatsprämierten Kaltblut­stuten vollzählig in Münster erschienen. „Wir hatten in diesem Jahr ein etwas kleineres Lot, was eventuell der besonderen Situation geschuldet ist. Viele Züchter – nicht  nur die der Kaltblutrassen – haben 2020 ihre dreijährigen Stuten direkt auf die Weide geschickt und sich die Vorbereitung gespart. Wir hoffen, dass wir im kommenden Jahr wieder unter normalen Umständen unsere Zuchtveranstaltungen durchführen können“, so Thomas Münch zum Abschluss der Schau. A. González

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