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Das junge Pferd trabt mit der Nase deutlich vor der Senkrechten über die niedrig gestellten Cavaletti.

© Streitferdt/Kosmos

Richtig über Cavaletti arbeiten

Die Arbeit unter dem Reiter bildet den Schwerpunkt der Ausbildung über Cavaletti. Die Cavaletti können bei allen Pferden in jedem Teil der Ausbildungseinheit wertvoll zum Einsatz kommen. Zu Pferde gilt es nun, sich die an der Longe gesammelten Erfahrungen nutzbar zu machen. Reiter und Pferd können sich mit den vielen möglichen Cavaletti-Übungen vertraut machen. Der Einstieg dafür ist das Reiten über Cavaletti auf geraden Linien.

Verschiedene Formen des Cavaletti-Aufbaus
Vor jeder Reitstunde sollte man sich kurz Gedanken über das machen, was man im Laufe der Stunde erreichen möchte, und den dazu passenden Cavaletti-Aufbau wählen. Nach meinen Erfahrungen haben sich für die Arbeit auf geraden Linien fünf ver­schiedene Aufbauformen bewährt, die im Folgenden kurz erörtert werden sollen.

Der einfachste Aufbau ist das Aufstellen mehrerer Cavaletti hintereinander unmittelbar an der Bande einer langen Seite oder – im Freien – unmittelbar an der Reitplatzeinfassung, senkrecht zum Hufschlag. Der Vorteil besteht darin, dass die Pferde dann auf dem gewohnten Hufschlag bleiben können und daher nicht so leicht versuchen werden, seitwärts auszuweichen. Infolge­dessen braucht der Reiter auch weniger auf sein Pferd zu achten, und kann sein Augenmerk vermehrt auf den eigenen Sitz richten. Reiter und Pferde mit weniger Erfahrung über Cavaletti sollten daher zunächst auf diese Art und Weise mit den Bodenricks vertraut gemacht werden.

Etwas schwieriger ist bereits die Überwindung von Cavaletti, die innen neben dem Hufschlag aufgestellt sind. Sie erfordern aber auch jedes Mal ein Abwenden vom Hufschlag. Zur Erleichterung können die Seiten für unerfahrene Pferde mit Fängen eingefasst werden.  Es kann darauf verzichtet werden, wenn man junge Reiter auf älteren Pferden vor die Aufgabe stellen will, das Pferd vom Hufschlag abzuwenden und über die frei­stehenden Cavaletti zu reiten.

Nur eine geringfügige Abweichung be­deutet der Aufbau auf der Mittellinie, den ich für besonders geeignet halte, weil er die Möglichkeit bietet, jeweils mit Handwechsel durch die Länge der Bahn von beiden Händen über die Ricks zu reiten. Vermehrte Aufmerksamkeit erfordert das Reiten über Cavaletti in der Diagonalen.

Erfahrungsgemäß fällt es hier am schwersten, geradeaus zu reiten. Wer acht Cavaletti hat, wird sich Cava­letti für Trab und Schritt zugleich aufbauen, um das Umbauen während der Reitstunde zu vermeiden. Dabei ist zu entscheiden, ob man die Bodenricks auf der langen Seite neben dem Hufschlag, neben der Mittellinie (Abb. oben rechts) oder an der kurzen Seite sowie an der langen Seite (Abb. oben links) aufbaut. Letztlich ist es Sache des Ausbilders, im Laufe der Zeit für jeden Reitschüler und jedes Pferd die beste Form des Cavaletti-Aufbaus zu finden.

Cavaletti-Arbeit im Schritt
Die ersten Reitversuche über Bodenricks sind dem Schritt vorbehalten, weil sich das Pferd in dieser Gangart am sichersten anreiten lässt. Man beginnt mit einem Cavaletti und reitet das Pferd am längstmöglichen Zügel.
Die treibenden Hilfen richten sich nach dem Vorwärtsdrang des Pferdes. Zögert das Pferd beim ersten Anreiten, treibt der Reiter und unterstützt mit der Stimme. Am besten klappt es, wenn das junge Pferd einem erfahrenen Führpferd folgen kann. Der Oberkörper des Reiters soll ein wenig nach vorn geneigt sein, da­mit er bei einem möglichen Sprung des Pferdes nicht im Rücken stört. Bleibt das Pferd ruhig, wird im Abstand von 1,0 m ein zweites Bodenrick aufgestellt, kurz darauf ein drittes, dann ein viertes, bis der vorgesehene Aufbau erreicht ist.

Ich habe es oft erlebt, dass die Pferde beim Anblick mehrerer Bodenricks hinterein­ander unruhig wurden. Sie beruhigten sich aber sofort wieder, wenn ich ein oder zwei Cavaletti wegnehmen ließ. Hier war die Steigerung zu plötzlich gekommen. Nach wenigen Minuten konnten die rest­lichen Bodenricks erneut aufgestellt werden. Sind die Pferde an Bodenricks schon gewöhnt, können sie den fertigen Aufbau gleich von Anfang an bewältigen. Bei den ersten Malen reite ich in sicherer Anlehnung.

Danach reite ich Schritt mit hingegebenem Zügel. Das Pferd soll sich frei und unge­hindert ausbalancieren können. Schreitet es gleichmäßig über die einzelnen Ricks, ist der Zwischen­abstand richtig; andernfalls muss der Abstand korrigiert werden. Besonders im Schritt muss ich die Abstände individuell an die Schrittlänge des Pferdes anpassen.

Das gleichmäßige Schreiten über Bodenricks festigt die natürliche Fußfolge des Schritts. Bekanntlich soll das Pferd in dieser Gangart jeden Huf einzeln aufsetzen, und zwar in der Folge: rechter Vorderfuß, linker Hinterfuß, linker Vorderfuß, rechter Hinterfuß.

Eine weitere Übung ist das Reiten über Cavaletti mit Zwischentritt. Zu diesem Zweck wird in der Mitte ein Cavaletti aus der Reihe herausgenommen, sodass die Pferde einmal einen Schritt bzw. Tritt ohne Cavaletti machen müssen. Eine weitere Variante ist, den Zwischentritt nach dem ersten Bodenrick einzubauen. Dadurch wird die Aufmerksamkeit erhöht und die Pferde lernen taxieren.

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