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Daniela Jung mit ihrem Pony Crown Dundee LL.

© Alexandra González/Reiter & Pferde in Westfalen

Wenn das Pferd zum Lebensretter wird

Geritten ist Daniela Jung schon mit sechs Jahren, sie hat voltigiert und auch Pferde gezüchtet. Dann kam der September 2019 und änderte ihr Leben.

Die Taschen sind bereits gepackt in dem alten Stadthaus im Herzen von Gütersloh – alles ist bereit für die Reise zum internationalen Para-Turnier in Mannheim. Daniela Jung und ihre Mutter Ursula bitten auf die Terrasse, kurz darauf erscheint auch ihr Vater. Dr. Kurt-Herbert Jung und seine Frau wohnten eigentlich in Neuruppin in Brandenburg. Nach Danielas Erkrankung zogen sie aber zurück nach Gütersloh, um ihrer Tochter im Alltag helfen zu können, denn noch immer ist die 39-Jährige eingeschränkt. 
 

Vater Kurt-Herbert Jung pendelt von seiner Arbeit in Neuruppin und Berlin nach Gütersloh, Ursula Jung wohnt nun meistens in Gütersloh. Der Tag, an dem sich das Leben von Daniela Jung änderte und damit auch das der Familie, war  der 15 September 2019. 
 

Daniela saß auf dem Pferd, als sie bewusstlos wurde und stürzte. „Der Sturz selber richtete keinen Schaden an, mein Pferd hatte daran auch gar keinen Anteil“, erinnert sie sich. Vermutlich führte eine Hirnblutung zu der Ohnmacht. Als Daniela Jung in der Klinik erwachte, war sie nicht mehr in der Lage, zu sprechen oder zu gehen.
 

Pferdefotos an der Wand
„Wir überlegten damals, ob wir die Pferde verkaufen müssen“, berichtet Ursula Jung. In der Klinik war ihre Tochter mit einer komplett neuen und belastenden Situation konfrontiert, und ihre Eltern konnten nicht einschätzen, wie sich die Zukunft entwickeln würde. Doch dann kamen Danielas Freunde aus dem Reitverein, dem RV Sundern-Spexard, und hängten erst mal Fotos von Danielas Pferden an die Wände. „Das hat mich sehr motiviert“, erzählt die Reiterin, die vor ihrem Unfall bereits ihr Pony bis zum Bundeschampionat gebracht hatte. 
 

Es folgte dann aber erst einmal eine lange Phase mit Reha und stationären Aufenthalten. 2020 war Daniela in Aachen in der Aphasie-Reha, um wieder sprechen zu lernen. Von dort holten sie ihre Freunde eines Tages zu einem kurzen Heimurlaub ab und brachten sie im Rollstuhl zur Reithalle, in der ihr Pony Crown Dundee LL wartete. „Im Rollstuhl fuhr Daniela an die Bande und zog sich daran hoch. Es war das erste Mal, dass sie aufstand. Sie wollte Dundee streicheln“, erinnert sich ihre Mutter. Ende 2020 war sich Daniela dann sicher: Sie wollte zurück in den Sattel.
 

Mit Unterstützung durch Danielas Freundin begab sich Familie Jung auf die Suche nach einer geeigneten Therapieeinrichtung, denn eins war klar: Sofort auf ihre eigenen Pferde konnte Daniela nicht. Auf dem Kibitzhof in Gütersloh wurden sie fündig und Therapiepferd Baxter war für ein Jahr Danielas Übungspartner. Auf dem Kaltblüter musste sie wieder lernen, die Balance zu halten und ihre Muskulatur trainieren. 
 

Der nächste Schritt war dann ein Besuch im Pferdesport- und Reittherapie-Zentrum der Gold-Kraemer-Stiftung in Frechen. „Dort  haben sie mich begutachtet und ihr Okay gegeben, dass ich wieder aufs Pony darf“, erzählt Daniela Jung rückblickend. 
 

Wieder auf dem Pferd
Zuerst ritt damals eine Freundin ihr Pony Crown Dundee mit. „Mir das Reiten wieder nach und nach anzueignen, ist ein Prozess, der auch heute noch andauert, weil sich mein Körper verändert“, erklärt Daniela. 
 

Heute ist sie im Para-Sport aktiv und reitet auch wieder bei Regelturnieren. Für den Para-Sport ist sie in Grade III eingruppiert. In diesem Grade starten zum Beispiel Rollstuhlbenutzer mit starken Einschränkungen der Beinfunktionen und/oder der Rumpfbalance, aber mit guten bis leicht behinderten Armfunktionen. Auch Athleten mit starker einseitiger Funktionseinschränkung in Arm, Rumpf und Bein sind in dieser Klasse startberechtigt – diese Definition trifft auf Daniela Jung zu. 
Die Prüfungen bestehen aus Schritt- und Trabsequenzen und wahlweise in der Kür aus bestimmten Galopplektionen. „In meiner Kür reite ich allerdings nicht im Galopp, denn das bringt keinen Vorteil aber Abzüge, wenn es misslingt“, erklärt die Reiterin.
 

Wie viele Para-Reiter, die bereits vor ihrer Einschränkung geritten sind, musste sich auch Daniela Jung umstellen: Denn beim Para-Reiten kommt es unter anderem auf das absolut exakte Reiten der Bahnfiguren an. Was beim Regelturnier womöglich noch als korrekt durchgeht, kann im Para-Sport den Unterschied machen.

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